Donnerstag, 3. Mai 2007

disgrace

"for a man of his age, fifty-two, divorced, he has, to his mind solved the problem of sex rather well."

mit diesem satz beginnt coetzees "schande", und was für ein großartiges buch das ist, hab ich erst gestern neulich beim erzählen so richtig gemerkt. es geht darin, kurz gesagt, um einen unilehrer für literatur in südafrika, der feststellen muss, dass er mit niemandem kommunizieren kann. durchexerziert wird das anhand der Anderen, der weißen frauen und schwarzen männer, mit denen er im laufe der geschichte in kontakt tritt: seiner lesbischen tochter, seiner studentin (mit der er eine kurze affäre hat), dem nachbarn seiner tochter, den er verdächtigt gewusst zu haben, dass sie überfallen und vergewaltigt werden würde. aber auch im eigenen milieu klappt es nicht: die affäre trägt ihm ein disziplinarverfahren ein, und als er sich weigert, die codes der distanzierung zu verwenden, die ihm ein weiterarbeiten möglich machen würden, muss er sich aus dem betrieb zurückziehen. dass seine studierenden byron nicht verstehen, überrascht da nur mehr wenig und ist höchstens überraschend beiläufig erzählt.

ich finde die idee charmant, eine figur mit allen soziologischen merkmalen der herrschaft auszustaffieren - weiß, männlich, heterosexuell, akademisch - und sie einfach alt werden zu lassen: das genügt, um sie zu demontieren. wie tapfer dieser mr. lurie damit umgeht, immer weiter an den rand zu rutschen und immer weniger zu verstehen, gefällt mir. auch das "problem sex" hat er, anders als er denkt, natürlich nicht "gelöst", sondern am sex wird nur augenfällig, wie sich sein status verändert. kauft er sich zu beginn regelmäßig und sehr hygienisch bei einer prostituierten ein, so ist die affäre mit der studentin schon beunruhigender, von einer leidenschaft getrieben, die er vor dem tribunal zwar verteidigt, die er aber schon als literarisch erkennt. der sex mit einer bekannten seiner tochter überrascht ihn dann selber, weil er die frau eigentlich nicht attraktiv findet und er sich mehr dreinfindet, seine rolle ihr gegenüber zu spielen, als dass er wirklich aktiv begehren würde.

still wird es um ihn herum, obwohl das gerede immer lauter wird. ganz sachlich, ganz nüchtern erlebt er das.

erster ernstzunehmender urlaub seit august

kaum daheim, sofort ins netz.

bloggen wollen. nach worten suchen, nach dingen, die zu sagen wären (zu schreiben wären).
keine geschichten finden.

nicht "ich" sagen können. schon dieses wort wäre: zuviel präsenz. (ungehörig, unverschämt) (eine zumutung)

"wir machen beide zu wenig wind um uns selbst." im badezimmer, zu zweit vor dem spiegel: freudig überrascht von dem bild, das die umarmung bezeugt - ein paar, offensichtlich.

die ahnung, dass alles zusammenhinge: diese beziehung, die arbeit, meine rolle darin. die ahnung, den zusammenhang nicht wissen zu wollen. den blinden fleck im hirn körperlich spüren, zum ersten mal, und gleichzeitig zu erkennen glauben, dass es auch früher blinde flecken gegeben habe, die ich aber nicht bemerkt hätte. (ein leben lang im irrtum über sich selbst und jetzt zum ersten mal die pflicht, sich über sich selbst im klaren zu sein.) welche entscheidungen wären zu treffen, wenn man bescheid wüsste?

auf der grasnarbe einer uferpromenade arm in arm eingeschlafen: eine stunde weggeknackt am hellichten nachmittag.

Sonntag, 1. April 2007

huch! ein stöckchen!

frau arboretum, machen sie doch sowas nicht - mir ein stöckchen zuwerfen, in meinem alter (knapp 700 tage and counting)! würd ich nicht regelmäßig bei ihnen reinschaun, ich hätte ja nicht mal mitgekriegt, dass sie mich gebeten haben: hier tut sich zu wenig, als dass ich mit sowas je gerechnet etc. etc. (errötend ab)

na gut:

Gebunden oder Taschenbuch?

TABU, noch. taschenbücher wollen bearbeitet werden und gewinnen mit gebrauch. bei gebundenen büchern beschleicht mich ehrfürchtiger fetischismus, da wird dann -> der schutzumschlag vor transport abgenommen und nur mit bleistift reingeschrieben. mühsam. aber: gebundene sind leichter zu lesen und liegen besser in der hand.

Amazon oder Buchhandel?

wer oder was ist amazon? im ernst: das ist mir zu fad.

Lesezeichen oder Eselsohr?
bücher werden aufgeschlagen auf den bauch gelegt oder kriegen für den transport irgendetwas zwischen die rippen geklemmt. am besten: sich die seite merken. fast so gut: dem taschenbuch dort den rücken brechen, wo man gerade liest - beim nächsten öffnen fällt es fast von selbst in die richtige position, und der rücken riffelt sich im laufe der lektüre langsam auf, so dass man seinen fortschritt beobachten kann (-> sanduhrprinzip; -> leistungsdenken)

Ordnen nach Autor, nach Titel oder ungeordnet?
ganz anders: belletristik ist originalsprachig (deutsch, englisch, spanisch), innerhalb dessen nach gattungen (prosa, lyrik) sortiert. das gleiche bei übersetzungen. sachbücher sind thematisch geordnet: literaturwissenschaft, politik, philosophie, kunst, das übliche blabla eben. essayistik. stapeltitel sind hingegen die gelben und orangen reclams und die dunkelblauen suhrkamp-bände, da liegt kraut und rüben durcheinander. ist ja auch nicht so viel, als dass man nicht wüsste, wo was steckt.
zuletzt hab ich den stapel am fußboden aufgelöst und alles einfach in die regale geschoppt. die beschriebene ordnung ist seither genau genommen nur mehr als idee vorhanden.

Behalten, wegwerfen oder verkaufen?
behalten oder wegwerfen, wenns wer will verschenken. aber bitte kein herumeiern.

Schutzumschlag behalten oder wegwerfen?

wer wirft denn schutzumschläge weg? da fällt mir eine geschichte ein, die mir einmal ein antiquar erzählt hat: ein mann hat sein ganzes leben lang alle bücher zum buchbinder getragen und sie neu binden lassen, so dass er zum schluss mehrere hundert oder gar tausend mit ausnahme vom format gleich aussehende bände zuhause stehen hatte. die erben wollten die bibliothek nach seinem tod versilbern, aber die bücher waren natürlich praktisch wertlos. ein buch ohne einband und schutzumschlag ist eben keines (genau genommen gehört auch die rückenprägung dazu, wenn man mich schon fragt).

Mit Schutzumschlag lesen oder ohne?
siehe oben.

Kurzgeschichten oder Roman?

siehe unten.

Sammlung (Kurzgeschichten von einem Autor) oder Anthologie (Kurzgeschichten von verschiedenen Autoren)?
anthologien verursachen mir gänsehaut, wenn ganz verschiedene schreibweisen in einem band zusammengestopft werden. kurzgeschichten können sehr schön sein, luftig und flüchtig wie tee und gurkensandwiches.

Harry Potter oder Lemony Snicket?

sack reis oder fahrrad?

Aufhören, wenn man müde ist oder wenn das Kapitel endet?

man ist immer müde. nein, alles hat seine bögen, und die sollte man irgendwie zuende bringen können. möchte ich jedenfalls.

„Die Nacht war dunkel und stürmisch“ oder „Es war einmal“?

keine krimis, keine märchen.

Kaufen oder Leihen?
kaufen. ein buch, das man nicht auf dauer in sein haus aufnehmen will, sollte man gar nicht nach hause tragen. aber vielleicht liegt es nur daran, dass meine freundinnen alle nichtleserinnen sind, da ist es schwer zu tauschen.

Neu oder gebraucht?
es ging finanziell gottseidank immer, daher: neu kaufen.

Kaufentscheidung: Bestsellerliste, Rezension, Empfehlung oder Stöbern?
rezension, verlagsname, stöbern (ein hässliches wort übrigens, das ich ausnahmslos nur im zusammenhang mit büchern gehört habe, so hässlich, dass ich nicht mal die etymologie nachschauen will).

Geschlossenes Ende oder Cliffhanger?

bitte türen schließen? das ende muss zum buch passen, je nachdem.

Morgens, mittags oder nachts lesen?
abends und nachts. oder, wenn das buch das verträgt, unterwegs.

Einzelband oder Serie?
das erinnert mich daran, dass herr goncourt neulich das schöne wort "groschenheft" verwendet hat.

Lieblingsserie?
scrubs. oder little britain. (hehehe)

Welches Buch lesen Sie gegenwärtig?
gegenwärtig lese ich mein geschreibsel hier, aber ansonsten "cool" von poschardt, "mara kogoj" von vennemann und fahnen.

Absolutes Lieblingsbuch aller Zeiten?
außerdem wollte ich ja mal eine "aller zeiten"-liste machen, weil diese phrase seit gefühlten fünf jahren für jeden schmonzes verwendet wird. (platz 2 darauf: "gefühltes dingsbums, die zweitnervigste phrase aller zeiten.")

uh, ich glaube, ich bin heute schlecht aufgelegt. liebe arbo, nehmen sies nicht persönlich - hat spaß gemacht, ihr stöckchen!

Freitag, 30. März 2007

vanity fair

die überraschenden stunden, in denen plötzlich nichts gewollt werden muss und in denen trotzdem spuren der disziplin

das zumindest könnte arbeiten bedeuten: sich selbst im bildhintergrund parken, keine lust mehr auf die eigene befindlichkeitsprosa.

keinen eigenen gedanken fassen.

"cool" von poschard lesen, das bei 2001 verramscht wird, denken: "das waren die 90er, mein gott, echt wahr." culturalstudiesdiskurskulturgeschwurbel, bei dem mir ganz warm ums herz wird. so fühlt sich heimat an, ein nostalgisches seufzen, fast heimweh nach dem code und nach der zeit, als alles bedeutsam war. und damals schon der verdacht, dass da was fehlt, dass was gelogen ist, oder eher und schlimmer noch, dass etwas naiv nicht gesehen wurde, nicht erkannt in seiner brisanz: geld und arbeit und macht, auch wenn von nichts anderem die rede war. das mag mit meiner lebenssituation zu tun gehabt haben, in der das alles schöne, verspielte, aufregende theorie war und das leben trotzdem leicht einfach übersichtlich selbstbestimmt. aber waren die kritischen, klugen leute der 90er je für irgendjemanden relevant, der in einer anderen lebenssituation steckte? dass all das nicht politisierbar war, kann man das irgendjemandem vorwerfen?

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