weltbild plus

Dienstag, 16. August 2005

das knielange rockerl

widrige witterungsverhältnisse verhinderten, was ich eigentlich vorhatte, nämlich die in berlin wie überall vorhandene, dort aber in überdurchschnittlicher dichte anzutreffende mode des knielangen rockerls über der schlabberhose zu dokumentieren. hin und wieder greife ich ja selbst zu dieser unheilvollen kombination, zumeist um das durchblitzen der unterhose durch das fadenscheinige baumwollgespinst taiwanesischer sweatshop-sommerhosen zu verhindern. niemals jedoch käme mir ein rock über eine jean, und auch in der musterung bin ich zurückhaltend, beziehungsweise und genauer gesagt geht muster gar nicht.

andere damen sehen das nicht so eng. gewagte schlieren, schnörkel und muster gemahnen an tapeten der 70er jahre, die farben spielen vom violett-psychedelischen über einfaches gagerlgrün mit gelb bis zum knalligen kirschrot der 50er. der schnitt des rockerls (das zumindest in wien ausschließlich im diminutiv zu bezeichnen ist) muss figurbetont, darf aber nicht eng sein, also weder glockig noch stretchig. der rock darf nicht über's knie fallen, aber auch nicht höher als eine handbreit über dem knie enden. die hose darunter ist uni zu halten.

auf dem kopf trägt die dame, wenn es ganz dicke kommt, ein kopftuch (im nacken zu binden). wenn sie die haare gewaschen hat, schnürt sie sich vielleicht einen pinsel auf den hinterkopf, was gut geht, weil die haare halblang sind. das ist praktisch und doch weiblich. hat die frau ein kind, verzichtet sie auf die hose unter dem rock (noch weiblicher), dafür trägt sie an den füßen camper oder flip-flops und schiebt einen kinderwagen. sie ist dezent geschminkt und lächelt viel. sehr viel. an ihrer seite hat sie einen herrn mit schmalz in den haaren, der viel redet, aber das macht nichts. sie hat schon eine leise ahnung davon, dass sie nicht alles im leben haben kann, glaubt aber, dass man mit freundlichkeit und anpassung weiter kommt als es auf den ersten blick scheinen mag. sie will sich bewegen können, hence die hose, aber beim hinsetzen muss sie wegen des rockerls die beine übereinander schlagen.

rocklänge und besonders kopftuch kennt sie von früher. beides erinnert sie an die frauen daheim, an weibliche arbeit und an die schürze der mutter, aber das weiß sie zumeist nicht. die wilden muster und der schundige stoff sind die zugeständnisse an die gegenwart, mit denen sich das alte maskiert. von den lügen der mode ist dies eine der bittersten: das versprechen, sich vor der entscheidung drücken und trotzdem frau sein zu können.

hybride

yearrat

daniel lee, manimals
(1960, year of the rat)

eines seiner bilder ist das plakatsujet für die diesjährige ars electronica. wo ich hinwill.

Dienstag, 9. August 2005

... das gibt's auch noch

mobs nämlich. oder, genauer, flashmobs. einer findet am 10. september in wien statt, der vor mob. wie sang schon herr ostbahn? jo, wo isser denn, da foaschein? waun kummt a denn zum vurschein? - schaun sie sich das an!

Mittwoch, 3. August 2005

sumo? aha.

sportschaun geht ja üblicherweise gar nicht. vom zermürbenden gesumse des samstag-nachmittag-grand-prix im fernsehen bei den eltern (mutter saugt schlecht gelaunt und gerade deshalb staub, vater flätzt auf der couch und tut, als würde er nichts bemerken) bis zur blockade sonst angenehmer lokale durch menschen, die glauben, dass es cool ist, sich zum europameisterschaft-schaun zu treffen und trotzdem drei euro zwanzig für ein bier zu bezahlen, während leute, die wirklich vom sporteln kommen und sich jetzt gern noch nett unterhalten würden, keinen platz haben - sport im tv, kurz gesagt, ist eine pest. nur sumo nicht.

schon die angenehmen sozialen nebenerscheinungen und randgeräusche! kaum wird man in irgendeiner teeküche morgens um neun menschen finden, die sich lautstark über den letzten basho unterhalten. im gegenteil, schon auf die leisteste andeutung, dass man sich für sumo interessiert, treten alle einen kleinen schritt zurück und sehen einen an, als wäre man sexuell andersbefähigt. die sind doch alle so fett ... ich lege dann gern noch etwas nach und erzähle, dass die sumotori in japan als sexsymbole gelten und popstars sind. womit das gespräch auch schon zu ende ist und ich mein tagewerk beginnen kann.

ach, eurosport, ich danke dir, du hast mir sumo gebracht! keine öden interviews mit atemlosen schifahrern, die keinen geraden satz herausbringen. keine mit logos vollgeklebten sportler, statt dessen marschieren vor dem kampf schmalbrüstige jünglinge in alten trachten rund um das dohyo und zeigen die fahnen der sponsoren. zum schluss bekommt der sieger einen mordspokal und einen fisch. dann gibt es ein foto, vorne der champion (sake in der einen, fisch in der anderen hand), neben ihm ein persönchen (die ehefrau) und hinten die jubelnde masse der mitarbeiter, nachwuchskämpfer, friseure und trainer. während die frisur des gewinners aufgefrischt wird, nuschelt er irgendwas über seine performance auf japanisch ins mikro, das dann von einem nur halb motivierten englischsprachigen moderator irgendwie übersetzt wird.

oder die rituale, mehrere tausend jahre alt, und genau so wirken sie auch, und das ist schön. ganz zu beginn des turniers wird geklatscht, aufgestampft und die arme bewegt. vor jedem einzelnen kampf wird sich wiederholt hingehockt und wieder aufgestanden, strenge blicke werden ausgetauscht - und dann geht es ganz schnell, denn wenn ein kampf eine minute dauert, ist es schon lang. da knallen zweimal rund 130 kilo aufeinander, was erwarten sie? beweglichkeit? jeder sumotori muss, nur damit sie eine vorstellung haben, den spagat können. kraft? haben sie schon mal versucht, 130, 140, 160 kilo zu heben? die herren machen das und tragen den kontrahenten schon mal am gurt aus dem ring. schnelligkeit? so schnell können sie gar nicht schauen, wie die aufeinander losgehen und alles entschieden ist. eleganz? ich weiß, es glaubt niemand, aber es ist so: asashoryu zum beispiel werden sie schon nach kurzer zeit daran erkennen, wie er zu beginn im ring hockt, eye to eye mit dem gegner - na, ich will mich nicht reinsteigern.

denn natürlich ist nicht alles supi und eitel wonne im sumo (auch wenn der schiedsrichter sein amt mit einem rituellen fächer versieht). die ausbildung ist hart und beginnt mit dem frisieren der sumotori und anderen hilfsdiensten. dann das training, wo man unter anderem mit dem kopf voran auf einen eingemauerten baumstamm losgehen muss. schließlich die kämpfe auf blankem lehm, dazu das salz, das vor beginn den göttern geopfert wird - es hat einen grund, warum die füße der herren abgepickt und eingewickelt sind. schließlich der nationalismus der japaner: asashoryu ist yokozuna, das heißt der beste, chef, champion. leider ist er auch mongole, und wenn er einen kampf verliert, fliegen die sitzkissen der als so zurückhaltend geltenden japaner vor begeisterung in die luft. nicht so schön.

aber ich sehe das alles gern. in zeiten, wo alle davon träumen, von lucy liu erklärt zu bekommen, wo gott wohnt, ist sumo-schaun meine elitistische form, an der japan-mode teilzuhaben. geerbt habe ich es von m., denn es sind ja immer die abgelegensten dinge, die man aus beziehungen mitnimmt.

(ist das wirklich mein längster beitrag so far? das darf jetzt aber nicht sein ...)

Freitag, 22. Juli 2005

das biowetter

schon wieder ganz dammisch unter den wolken, die der wind über den häusern zusammentreibt. hoch oben fängt sich der blick in der wetterwatte, unten sind die knie zu weich zum fahrradfahren, der strom knistert in den haaren, du trinkst zu wenig, nur wasser will ich und rauch, kein fleisch, keinen alkohol, kein garnichts, einfach nur: warten auf das gewitter.

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