Sonntag, 6. Februar 2011

Die Abendlektüre des Teufels

Im Rahmen des privaten Projektes "Schon x-mal übersiedelte Bücher endlich weglesen" habe ich mich jetzt seit kurz nach Neujahr durch E. T. A. Hoffmanns "Die Elexiere des Teufels" geackert, ein gothic angehauchtes Gruselepos aus der Mistery-Crime-Ecke des 19. Jahrhunderts, komplett mit bösartigem Doppelgänger und einer jungfräulichen Heiligen als Love Interest, die wie erwartet am Ende vom Autor um die Ecke gebracht wird, nicht ohne vorher den Helden durch ihren Tod noch zu erlösen. Dieser Protagonist heißt wie seine sämtlichen ebenso verbrecherisch veranlagten männlichen Vorfahren Francesko (in diversen Sprachen und Schreibungen), was den Überblick in einer Handlung nicht eben leichter machte, in der es von verbotenen, aber natürlich trotzdem exekutierten Liebschaften inklusive illegitimer Sprösslinge nur so wimmelte. Hartes Brot der Lektüre, aber schön antiklerikal: Der größte Verbrecher ist der Papst.

Hier also mein knallhartes Kritikerinnenurteil: Dieses Buch ist die ideale Lektüre für Männer auf der Suche nach der etwas anderen Ausrede, wenn sie mal wieder Scheiße gebaut haben, und für Frauen, die notorisch damit liebäugeln, ins Kloster zu gehen - nur stilecht, nachdem man mit einem Fürsten fremdgegangen ist.

Sonntag, 30. Januar 2011

Singelingelong

Noch nicht ganz wach, mit Butterbrotstimme und Resten vom Bierkopf der Nacht davor, die innere Oberfläche leicht craquelig wegen der vielen neuen Menschen, Gesichter und Umgangsarten, die Knie angespannt und Grüße vom wieder beweglichen Zwerchfell, draußen die schwäbische Alb und der Schnee, drinnen die freudlosen Broschüren des evangelischen Bildungshauses, in das wir uns für das Wochenende eingemietet haben, vorn der Chorleiter, ganz dürr und trocken geraucht, gelb, grau, braun, die dünnen Beine übereinandergeschlagen, so baut er den Akkord auf. Bässe, Tenöre, Sporan, beim Alt atme ich aus und töne, die Harmonie steht im Raum, sie geht auf und klingt, sie fasst mir ans Herz, an den Hals, sie raut mir die Haut auf und nimmt mich mit, es ist ein Wunder, ein Geschenk, eine Droge, ein Riesenglück, Harmonik, du heilige Scheiße, sie klingt und klingt. Dann eine Geste, der nächste Akkord, er ruckelt sich kurz noch zurecht und ist dann genau so klar wie der erste, und wenn es nach mir ginge, würden wir jetzt wochenlang Töne aushalten und einfach nur uns von einem zum nächsten singen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Märchenfilm für die gebildeten Schichten

Hachgottna. Wir sind ewig zusammen, wir reden nicht mehr miteinander und machen auch nichts zusammen, aber wir haben eine schöne Wohnung. Und wir lesen Bücher. Wir sind Intellektuelle und Unternehmer, subventioniert bzw. erfolglos, unsere ökonomische Basis ist brüchig. Wir sind nett zueinander, wir mögen uns, es könnte ewig so weitergehen.

Dann fällt Adam vom Himmel, vermutlich von der Mutter geschickt, die eben ihren Abgang nach oben gemacht hat. Er ist so bindungslos, wie sie es von uns gefordert hat. Wir kapieren nicht, dass er Bücher liest, obwohl er keine besitzt. Mit ihm kommt die neue Zeit. Er kann Kinder machen ohne Sex, aber zum Schluss kriegen wir drei ganz ohne Technik gleich zwei davon, und das macht den ganzen Unterschied. Zwei mal vier Meter groß ist das Gesicht des Ungeborenen auf der Kinoleinwand, hier blinzelt das Schicksal. Jetzt sind wir zusammen.

*****
Drei ist ein Märchenfilm, und wenn man das verstanden und akzeptiert hat, ist er eine Freude, die noch ein paar Tage länger anhält.

liquid center

fließende inhalte in starren formen

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