Donnerstag, 5. August 2010

Fleisch

Ach ja, übrigens bin ich jetzt Vegetarierin. Ich hatte es nicht vor, aber das Thema Fleischessen tauchte immer wieder in meinem Blog-Lektüre-Portfolio auf. Außerdem war ich doch ungeduldig, wollte das Erscheinen der Übersetzung von Jonathan Safran Foers "Eating Animals" nicht abwarten und habe mir die englische Ausgabe gekauft. Und jetzt bin ich Vegetarierin. Schau di au.

JSF macht das ja sehr gut. Das ganze Buch ist hoch emotional, aber die Kernbotschaft streng sachlich: Es gibt so und so viele Gründe, die gegen das Fleischessen sprechen (er zählt sie alle auf und malt sie aus), und nur einen dafür - dass es lecker schmeckt. Am Ende des Buches ist es für mich undenkbar gewesen, mich anders zu entscheiden oder auch nur so zu tun, als wäre diese Entscheidung unnötig.

Wie muss das Buch erst auf Leute wirken, die JSFs kulturellen Hintergrund teilen? Seine Großmutter ist als Jüdin den Nazis entkommen, hat auf der Flucht gehungert und große Not gelitten, und so existenziell es für sie ist, ihren Lieben Essen zu geben, so schwierig und schmerzhaft ist es für JSF, dieses Essen zurückzuweisen. Ein anderes Thema, auf das er viel Zeit verwendet, ist die US-amerikanische Institution des gemeinsamen Thanksgiving-Essens, das sich ganz grundlegend um den Truthahn am Tisch dreht. In seiner Beschreibung, eher: Beschwörung des Geistes von Thanksgiving liegt so viel Pathos und Herzblut, dass ich mir wünschte, auch ein solches Fest zu haben, an dem die Familie (wer auch immer dazugehört) ohne religiösen Vorwand zusammenkommen, sich den Wanst vollschlagen und erzählen kann.

Es war bewegend, von all dem zu lesen, und es hat mir einmal mehr klar gemacht, wie grundkatholisch ich geprägt bin und wie magisch deshalb mein Verhältnis zu Essen ist. "Das Gute kommt über den Mund zu uns, und es kommt zu uns in Gestalt von Fleisch." - Mit diesem Satz konnte ich alles plötzlich zusammenfassen, den Katholizismus, mein Essen bisher, die Tatsache, dass ich aus mir selbst heraus nie das Fleischessen aufgegeben hätte, und die archaische Unruhe, die vor dem Einschlafen in mir rumorte, während ich das Buch las: Plötzlich machte ich mir Sorgen um meine Potenz. Hieße das Fleischessen aufzugeben nicht auch, das Leben als Ganzes zurückzuweisen? Zum Glück tauchte dann ein anderes Bild auf: die scharfen Kanten der Rationalität, denen ich in Wahrheit jedes Erlebnis von Genuss verdanke. So lässt sich's leicht vegetarisch sein.

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