Montag, 24. Juli 2006

meine hitzige geliebte

kaum tritt man, ein fünf tonnen schweres fahrrad im arm und angetan mit lächerlichen schlapfen, aus dem zwar verkackten, aber kühlen hinterhof durch das aus eishöhlengestein gehauene stiegenhaus auf die straße, ist sie schon da, die steindumme hitze, und wirft sich einem fröhlich an den hals. so eine gründliche umarmung von jemandem, der seit stunden, ja tagen und wochen wartend vor der haustür herumlungert, ist ausnahmslos immer peinlich und unangenehm und ein aggressiver akt, den man sich in diesem fall leider nicht einmal verbitten kann. schon schält sich knisternd die haut von den oberarmen und das eh noch bettschwere gehirn verzichtet resigniert auf jede aktivierung seiner selbst. aber ihr ist das egal, sie wickelt sich einem hündisch grinsend um den leib und lässt sich durch die stadt kutschieren, schön langsam bitte, und am besten wird fortbewegung überhaupt nur hergestellt, indem man zaghaft gegen die erdrotation anwartet.

es nützt nichts: wenn man eine viertelstunde später erschöpft von den pedalen fällt und mit letzter kraft den firmeneigenen radlkeller aufsperrt, kippt sie einem zum abschied einen kübel über den kopf und freut sich, weil alles so schön nass ist – sie findet das anarchisch und grenzüberschreitend. jetzt nur keine grundsatzdiskussion! mühsam eist man sich los trennt man sich, sie verspricht (unaufgefordert, versteht sich) zu warten, ja, sie wird acht stunden später auch noch da sein, nein, sie geht nicht, natürlich nicht, sie hat ja sonst nichts zu tun, sie ist so geduldig, die gute seele, der sonnenschein, das herzchen, aber wer hätte das gedacht, kuckuck!, drei stockwerke höher ist sie schon wieder da, hängt kichernd am fensterbrett, schwingt sich herein, den ventilator lässig ignorierend, und während man noch hofft, dass wenigstens die milch den kaffee schnell kalt werden lässt, hat sie sich schon hinter dem schreibtischsessel aufgepflanzt, umarmt einen schon wieder kräftig, drückt und herzt einen, legt einem ihre heiße wange an den hals und fragt gedehnt: und, was machst du heute schönes?

nicht viel, kann die antwort da nur lauten, und: bitte atme mir nicht ins gesicht. den rest des tages versucht man, blickkontakt zu vermeiden und sie nicht mit raschen bewegungen zu provozieren, sondern möglichst vollständig mit dem mobiliar zu verschmelzen, was sogar leichter ist als gedacht. trotzdem packt sie gegen 15 uhr auch noch den fön aus und trocknet einem damit die ohnehin schon fast auf rosinengröße eingeschrumpelten augen, vorgeblich, weil sie keine tränen sehen kann. sofort schwellen einem die augenlider auf die größe von mandarinenspalten an, was aber sehr gut mit den aufgedunsenen waden harmoniert. überhaupt, sie findet, man sei nie so schön gewesen wie jetzt, so gut durchblutet, so, nunja, fleischlich, das haar satt und schwer, aber wenn man wirklich etwas gegen diese blähungen unternehmen wolle, solle man sich eben nicht literweise mineralwasser in den hals schütten. – fast schmollt sie.

mit ihr ist nicht zu rechten, also lässt man sie warten. lange. und bis zum abend wird sie dann doch ein wenig müde, streitet es zwar ab und redet noch groß, reibt sich aber schon die augen und nimmt einen nur mehr zaghaft an der hand, um sich auf den heimweg zu machen. – süß ist sie ja, wenn sie so weich wird und ein wenig hilflos. man kann ihr nicht böse sein, man kratzt sich am kopf, man seufzt, verdammt, wenn sie sonst nicht immer so überdreht wäre, man könnte es wirklich länger mit ihr aushalten. ein blick aus dem augenwinkel, den bemerkt sie und lächelt zurück, weil sie immer lächelt. sie weiß wirklich, wie's geht, denkt man und schämt sich dafür, denn jetzt hängt sie sich schüchtern ein und lehnt sich an, und das rad, das schieben wir jetzt mal.

wir gehen jetzt noch was trinken!, dekretiert man dann noch, sie nickt brav, und im schanigarten sitzt sie neben einem, hält einem noch immer fest die hand, aber hört schon nicht mehr, was man mit den anderen redet. zwei stunden später, man steht schon zum gehen, bemerkt man erst, dass sie längst eingeschlafen ist, also hebt man sie sacht hoch (wie leicht sie jetzt ist) und trägt sie zum fahrrad und fährt freihändig nach hause. dort zieht man ihr die kleider aus und stellt sie unter die dusche und wäscht sie, trocknet sie ab und cremt sie noch ein wenig ein, und fast ist sie schon nicht mehr da, als man sie ins bett legt und sich selbst daneben. gute nacht, flüstert sie. morgen früh, wenn man aufwacht, wird sie längst auf den beinen und schon stundenlang durch die straßen getobt sein, bevor sie einen wie üblich begrüßt und man einen neuen, ihrer meinung nach grandiosen tag gemeinsam beginnen kann. der gedanke macht einen heute schon müde. aber was soll's.

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