warum ich erwartete, die butter im kühlschrank mit grünem pelzchen überzogen und die pflanzen auf der terrasse allesamt verdorrt und bereits halb kompostiert vorzufinden? ich war weg – nicht lang, aber weit, und so weit, dass es mir lang vorkam, aber es war nur eine woche. am letzten abend saßen wir beim xten raki, und miss sophie lächelte ihr juliette-binoche-lächeln, als sie zwei blassen deutschen hinterhersah, und sagte:
man sieht es den leuten an, wenn sie gerade angekommen sind. da sind sie noch nervös und angespannt, aber ein paar tage später sehen sie dann ganz weich aus.
so wie wir. und so wie unsere nachbarn am strand, ein paar zwischen vierzig und fünfzig, psycho-, sozial- oder beratungsarbeiter vielleicht. sie lasen
spiegel und
stern,
die angst vor dem glück und
ich klage an, tauschten sich aus, tauschten die bücher und diskutierten an den ersten tagen noch leise, aber verärgert, über dritte und die probleme, die diese verursachen. oft zog die frau die augenbrauen zusammen, und das lächeln des mannes war gut eingeübt und ein wenig gequält. zwei tage später lachten sie schon viel, wenn sie sich nur langsam ins kalte wasser der bucht wagten. und fünf tage später sah ich ihn aus dem augenwinkel auf der pritsche liegen und lesen, und sie saß neben ihm und schaute ihm dann zu und lächelte und legte ruhig ihre hand auf sein knie. und da war so viel liebe zwischen den beiden, dass es mir das herz zerrissen hat.
drei tage vorher stand miss sophie um mitternacht barfuß und mit offenen haaren auf einem wellenbrecher an der mole von plakias und hielt mit beiden fäusten eine kette aus dem hiesigen hippie-shop über ihrem kopf ins mondlicht. wir hatten beschlossen, ein ritual zur mit dem vollmond zusammenfallenden sonnenwende zu begehen, und während sie sich noch tief konzentrierte, opferte neben mir schon herr günter, ein zufällig hier angetroffener bekannter aus wien, dem gott des raki, und ich spielte mit den zantes, denn auch der gott des tabak wollte beschworen sein. alle drei schleuderten wir dann mit dem amulett unsere wünsche ins meer, begleitet vom kampfschrei der kickboxenden miss sophie, und natürlich war es streng verboten, zu verraten, was man sich gewünscht habe. und dass wir dann noch hinüber zur bucht gefahren sind, und dass herr günter dort ein gedicht von
rafael alberti vorgetragen hat, und dass ich wieder mal die erste war, die aus der wäsche raus und im wasser war, und was es bedeutet, das alles zu tun, wenn man nicht mehr zwanzig ist und die sterne am liebsten ironisch leuchten wollen – an all das werde ich mich erinnern.
auch daran, dass ich zwei tage lang halb wahnsinnig war, weil ein trockener wind aus den bergen aufkam und mir das gehirn im dachboden meines schädels zu dörrfleisch zusammentrocknete. am abend eines solchen tages, schwindlig vor hitze und völlig überdreht von dem krach, den die natur mit wind und wellen veranstaltete, taumelte ich hinter miss sophie und herrn günter auf dem moped in eine kreuzung, bremste, rief noch irgendwas dummes, als er mit einem langen arm das linksabbiegen anzeigte, spürte die maschine schlingern, stand schon fast, dachte noch immer an etwas anderes, an die luft wahrscheinlich oder an die sonne oder an sonstige gegebenheiten, und ganz sacht, aber sehr bestimmt legte sich die maschine zwischen meinen knien auf den asphalt, und ich legte ein knie daneben. nein, ich hab mir nicht weh getan. nein, ich musste nicht weinen, auch nicht vor schreck. tapfer sein, sich jetzt keine blöße geben – was die anwesenheit von bisher nur flüchtig bekannten herren eben an machoallüren so auslöst.
und auf wie viel formen man verzichten kann, wenn man mit den freundinnen ist: ganz zum schluss fiel mir dann schon fast das auf-dem-gehsteig-gehen schwer, weil ich so entspannt war (und weil flip-flops wahrscheinlich die strafe gottes für den massentourismus sind), und miss sophie lachte nur mehr und patzte sich wenig später im flugzeug nach hause wieder einmal mit irgendetwas an.
die pflanzen auf meiner terrasse waren übrigens noch alle heil, leicht angetrocknet, aber grün und strotzend. auch die butter war noch immer in ordnung. über die melone allerdings, die ich im kühlschrank vergessen habe, schweigt die chronik.