Sonntag, 25. November 2007

tv

das fernsehen in seinem sozialporno-pseudoberatungsformat (supernanny, du bist was du isst, frauentausch, hausputz etc.) erfüllt einen bildungsauftrag und erfüllt ihn gleichzeitig natürlich nicht. man kann auf ATV nicht lernen, wie man sich gesund ernährt, weil man nichts über selbstdisziplin lernt, nichts vom sich-organisieren und nichts vom warten - drei fähigkeiten, die diese formate beim zuseher zerstören. aber die, die im ersten einstieg in die kamera sagen "ich wusste einfach nicht mehr weiter", erkennen zumindest, dass ihnen kompetenzen fehlen, um ihr leben zu meistern. dass sie sich ans fernsehen wenden, weil ihnen sonst offenbar niemand einfällt, der ihnen weiterhelfen könnte, ist bitter. das fernsehen ist eine institution für diese menschen. manche lassen sich vom fernsehen auch das eigene haus inklusive küchengeräten fertigbauen, das finde ich gut, für den geldwert kann man gern ein paar tränchen vor der kamera zerdrücken. (weiterdenken)

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affectionista - 25. Nov, 16:56

und das, obwohl atv gar keinen bildungsauftrag zu erfüllen hat, das ist ja noch die nächste volte, dieses konstrukt mit öffentlich-rechtlich und privat. (ja, weiterdenken.)

gingerbox - 25. Nov, 17:36

ich halte diese trennung ja für ziemlich künstlich und nur für die gebührenfrage relevant. die öffentlich-rechtlichen könnten sich darauf berufen, aber auch das beste qualitätsprogramm wird nichts daran ändern, dass es die privaten und ihre formate gibt. und was werden wir uns ansehen??? ich finde die trashformate spannend. auf 3sat habe ich eine wunderbare doku über wissenschaftler in afghanistan gesehen, die unter einsatz ihres lebens filme vor den taliban versteckt haben. tolle leute, beeindruckend und ein ganz anderer blick auf - äh - na, eben afghanistan. und wer sagt mir was über österreich? atv.
affectionista - 28. Nov, 11:10

gestern wieder gedacht: wer macht sowas, "tausche leben"? ich meine, der tauschfamilie, ders sozial besser geht, kann man ja noch einen seltsamen willen zur erziehung/bevormundung/des besserwissens gegenüber der sozial schwächeren tauschfamilie unterstellen. aber die sozial schwache familie? wieso? (abgesehen davon ist die wahrheit wahrscheinlich irgendwo anders. und zwar vermutlich in den castingagenturen, die die kleindarsteller für diese "reality"-soap aussuchen. anders kann ich mir das nicht mehr vorstellen.)
gibt es eiegntlich eine folge, in der die ärmere familie der reicheren den marsch geblasen hat? revolution!

gingerbox - 28. Nov, 21:29

das wär was, dass die proleten aufbegehren ... es geht ja schon sprachlich nicht. die mittelschicht, oder was immer da als agenten der anpassung auftritt, beherrscht den code und kann formulieren, wie das richtig-leben gemacht werden soll. trotzdem frappiert es mich immer wieder, wie viel die unterschichten schon gelernt haben. aber sie schaun ja auch fleißig fern, da werden ihnen die phrasen immer wieder vorgesagt. - es ist immer wieder traurig, wenn sie versuchen zu argumentieren und man schon von anfang an weiß, dass es ihnen nichts nützen wird: sie werden nicht recht bekommen. ich frage mich, warum bleibt für die armen eine phrase, was für die besser gestellten als lebensanleitung taugt? ich könnte mir schon vorstellen, dass so elaborierte gefühlsleistungen wie z. b. einfühlungsvermögen (ich meine das ernst, nicht zynisch), die die vokabeln zur praktischen umsetzung brauchen, einfach nicht gelernt worden sind.
- das bringt mich auf einen gedanken, den ich neulich gelesen habe: dass nämlich, verkürzt gesagt, die neoliberale wirtschaft den "ganzen" menschen will, als kreativen, eben als einfühlsamen, beweglichen, selbstmotivierten, als einen wie wir es sind, der zwischen arbeit und leben keine grenze zieht, sondern für und als arbeit lebt. da sind wir wieder beim bildungsauftrag: die leute, deren privates beziehungselend vor uns ausgebreitet wird, sind zumeist ja auch für den zeitgenössischen neoliberalen arbeitsmarkt nicht zu gebrauchen. (note to self: schuldnerberatungs-doku anschaun!) diese dokus bringen den leuten bei, was sie brauchen, um weiter vermittelbar zu sein.
dass man sich "nach oben" bewirbt kommt mir aber nicht komisch vor: warum nicht einen luxusurlaub machen, sich von der kamera begleiten lassen und auch noch dafür bezahlt werden?
affectionista - 2. Dez, 00:16

und hier noch ein erklärungsansatz, dem gespräch mit einer freundin heute entsprungen. der schlechter bemittelten familie (oder zumindest einem teil davon) wohnt eine sehnsucht nach anerkennung inne. so lässt sich auch das phänomen "maschendrahtzaun" teilweise erklären, oder diese dame, die nach jenem auftritt ("she is dork sided!") im amerikanischen "frauentausch" nicht dachte "dann verkriech ich mich mal!", sondern "dann mach ich mir mal 'ne homepage und eine cd!".

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